Ulrich Thiel (Landesanglerverband Brandenburg; LAVB) / Steffen Zahn (Institut für Binnenfischerei e.V. Potsdam-Sacrow; LfB)
Lachse in Brandenburg
Auf dem Treffen des Fachbeirats des Vereins "Wanderfische ohne Grenzen e.V." am 23./24.6.15 berichtete Ulrich Thiel über die Situation der Lachse in Brandenburg.
Die brandenburgischen Projektgewässer für Lachse sind die Elbzuflüsse Stepenitz und Schwarze Elster/Pulsnitz. Die Gewässer besitzen höchste Priorität im Sinne der WRRL und der FFH RL.
Mit wissenschaftlicher Begleitung des Instituts für Binnenfischerei führten gebietsspezifische Arbeitsgemeinschaften unter der Trägerschaft des LAVB in der Stepenitz 1999 und in der Pulsnitz 2004 den Erstbesatz mit Lachsen durch. Bis 2014 wurden in der Stepenitz ca. 940.000 Lachse verschiedener Altersstufen vom Brütling bis zum Smolt und mehr als 1,1 Mio Meerforellen Brütlinge besetzt. In der Pulsnitz ca. 160.000 Lachse.
Im Zeitraum konnten in der Stepenitz 263 Lachs und 627 Meerforellen Rückkehrer nachgewiesen werden. In der Pulsnitz lediglich 6 Lachse und interessanterweise 2 Meerforellen, obwohl kein entsprechender Besatz durchgeführt wurde.
Zu Beginn des Projekts war sowohl in der Stepenitz als auch in der Pulsnitz die Durchwanderbarkeit aufgrund zahlreicher Wehre nicht gegeben. Durch das Projekt konnten 11 Wehre in der Stepenitz um- oder zurückgebaut werden und eine Wasserkraftanlage in Perleberg im Jahr 2013 stillgelegt werden. Damit wurde der Fluß auf eine Länge von 55km (ca. 63%) für Wanderfische erreichbar. Nach wie vor gibt es jedoch Wanderhindernisse, die vom Projekt bearbeitet werden. (WKA in Pritzwalk, Wehre in Putlitz und Perleberg). In der Schwarzen Elster und der Pulsnitz konnten 8 von 16 Wehren passierbar gemacht werden.
Ulrich Thiel berichtete vom Nachweis der natürlichen Reproduktion von Lachsen in der Stepenitz. Der Anteil am gesamten Aufkommen beträgt ca. 10%. Die Bedingungen für das Aufwachsen der Fische im Gewässer sind gut und es werden Abwanderungsraten von 15-28% in der Stepenitz und 7-9% in der Pulsnitz erreicht.
Auch in Brandenburg greift der Versuch, den Lachs als Gallionsfigur für Natur- und Gewässerschutz zu etablieren.
Im Gefolge von Lachs und Meerforelle und Dank der erzielten Verbesserungen der Gewässerstruktur erschließen sich auch andere sensible Fisch- und Neunaugenarten die neuen Lebensräume (u.a. jährliches Ablaichen mehrerer tausend Flussneunaugen in der Stepenitz).
Im Rahmen des Projekts wurden eigene Erbrütungskapazitäten aufgebaut. In 2014 wurden dort 14.000 Lachse und 85.000 Meerforellen erbrütet. Bereits 2010 wurde die Angelfischereiauf die Meerforelle im Stepenitz System freigegeben.
Neben den Erfolgen der Arbeit des Projekts gibt es laut Ulrich Thiel allerdings eine ganze Reihe von Gefährdungen und Problemen. So ist die Rückkehrrate bei den Lachsen mit 0,1-0,3% noch deutlich zu niedrig. Vom Selbsterhalt einer Population kann man erst ab einer Rate von 3% ausgehen.
Als Gründe für die zu geringen Zahlen kommen neben eventuellen marinen Ursachen der Fischereidruck in der Unterelbe und die Wirkung der KKW Kühlwasser Einläufe in diesem Gebiet in Frage.
Der bestehende Mangel an Laichhabitaten wird durch die steigende Belastung mit Feinsedimenten, verursacht durch gewässernahen Maisanbau, Meliorationen und Dränagen, verschärft.
Nach wie vor wird die Gewässer Streckenunterhaltung in klassischer Weise, oftmals von ungeschulten Fremdfirmen durchgeführt. WRRL, FFH-RL und BArtSchV werden dabei kaum berücksichtigt. Andererseits werden durch den Totalschutz des Bibers wichtige natürliche Fließgewässer Lebensräume zerstört.
Eine weitere Bedrohung sind Gülle-Havarien bei Biogasanlagen. Allein an der Stepenitz gab es bereits 2 solche Ereignisse zu verzeichnen.
Gerade in der Aufstiegsphase werden die Fische durch geringe Wassermengen und in der Unterelbe Bereiche mit zu geringem Sauerstoffgehalt bedroht.