Bild: Armin Weinbrenner

 

Aktueller Bericht aus Dessau

Die Mulde – ein Lachsfluss soll wieder leben!

Das Stadtwehr an der Mulde in Dessau wird derzeit mit einer Fischwanderhilfe ausgestattet.

Ein Bauwerk mit Erfolgsaussichten ?

Die Mulde, ein Nebenfluss der Elbe, galt in historischer Zeit als eines der bedeutsamsten Laichgebiete für den Elblachs und bot ideale sowie großflächige Laichhabitate. Allein in Dessau am berühmten „Lachsfang“ wurden im Mittelalter jährlich bis zu 6.000 Lachse gefangen. Heute zeichnet sich die Oberlaufregion des Flusssystems nach dem Wegfall zahlreicher Belastungsquellen wieder durch gute Wasserqualität und über weite Strecken gut durchströmte steinig-kiesige Gewässergründe aus. Lachse und Meerforellen könnten sich dort sehr gut fortpflanzen, weshalb Sachsen im Rahmen seines Lachs-Programmes bereits auch seit einigen Jahren Besatzmaßnahmen durchführt. Durch das mündungsnahe Stadtwehr in Dessau wird ihnen allerdings seit vielen Jahren der Zugang zu den ehemaligen Laichhabitaten versperrt.

 

Mit großem finanziellem Aufwand wird nun eine Fischwanderhilfe gebaut, die vielen Fischarten und sogar dem Stör den Aufstieg in die Mulde ermöglichen soll. Die Fertigstellung ist im Oktober 2017 geplant.

Mit dem großzügig dimensionierten Umgehungsgerinne soll die Durchwanderbarkeit für Fische und andere Wasserlebewesen wieder hergestellt werden.

Soweit die guten Nachrichten!

In der Praxis kann es unter Umständen aber dennoch zu Problemen kommen. Während das Bauwerk für den Aufstieg von Fischen sicher gut geeignet ist, könnten den Fluss abwärts wandernde junge Lachse und Meerforellen weiterhin hohe Verluste erleiden, weil sie den Fischpass in der Regel nicht nutzen werden, sich mit der Hauptströmung treiben lassen und somit über das Wehr fallen.

Wissenschaftliche Untersuchungen an anderen Flüssen haben gezeigt, dass dabei in Abhängigkeit vom jeweiligen Wehrtyp und trotz entsprechender Fischwanderhilfen an jedem Wehr mindestens 20% der abwandernden jungen Lachse und Meerforellen getötet werden. Die gemessenen Werte lagen teilweise sogar noch deutlich höher, bei über 50%.

Denn im tiefen ruhigen Wasser der Stauräume sowie vor allem auch unterhalb der Wehre warten oft Raubfische und fischfressende Vögel, um die durch den Wehrüberfall oder die reduzierte Strömung desorientierten Jungfische zu erbeuten.

Nach Aussagen der Angler, die unterhalb des Wehres Dessau ihrem Hobby nachgehen, kommen genau an dieser Stelle ebenfalls viele und große Exemplare der Arten Wels, Zander, Hecht und Rapfen vor.
Und auch Kormorane sind regelmäßig präsent.

Es ist also leider davon auszugehen, dass es bei Fortbestand der heute oftmals unnötigen Wehranlagen trotz des gezeigten guten Willens und der enormen Investitionen der Aufbau sich selbst erhaltender Lachs- und Meerforellenbestände nur schwer möglich sein wird. Neben dem Stadtwehr in Dessau gibt es in der Mulde und ihren Zuflüssen noch etliche weitere Hindernisse und 20-50% Verlust an jedem Hindernis lassen den jungen Fischen kaum eine Chance, in ausreichender Zahl das Meer zu erreichen, um als stattliche Exemplare nach Jahren wieder in ihre Heimatgewässer zurückzukehren.

Die dennoch berichtete jährliche Rückkehr laichreifer Lachse in Dessau lässt andererseits vermuten bzw. hoffen, dass die durch den Raubdruck erzeugte Mortaliät in der Mulde an den dort häufig errichteten Streichwehren nicht die oben geneannten Dimensionen erreicht.

Aktuelle Bestrebungen zur Reaktivierung von Wasserkraftnutzungen sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in Sachsen würden da hingegen noch viel verheerendere Auswirkungen haben!

Die Alternative:

Sofern ein Fortbestand der zumeist festen Streichwehr-Anlagen zwingend ist, ließe sich das Problem des erhöhten Raubdruckes durch sogenannte Raue Rampen vermeiden. Dabei handelt es sich anstatt des Wehres um eine Steinschüttung, die einer natürlichen Stromschnelle nachempfunden ist und von allen Fischen in beide Richtungen genutzt werden kann. Im Schutz der überströmten Steine könnten die Fische unbehelligt und sicher wandern.

Wahrscheinlich wären sogar die Investitionskosten für solche Rauen Rampen niedriger als die für Umgehungsgerinne.

Hinsichtlich der Laufwasserkraft-Ambitionen bleibt es hingegen dabei – es ist keine ökologische bzw. „grüne“ Energienutzung sondern das Grabtuch für unsere Fließgewässer-Lebensräume und deren eigentlich typischen, hoch angepassten Tier-und Pflanzenarten, zu denen auch die Wanderfische wie Lachs, Meerforelle, Stör oder Neunauge gehören.

 

 

 

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